Der kleine Zauberer fühlte sich sehr wohl in seinem Zauberwald.
Die wunderbare Ruhe, die nötig ist, um mit den Bäumen reden
zu können und die Stimmen all der anderen Waldbewohner zu hören,
der großen und kleinen Tiere, der Feen und Kobolde, mochte er
nicht missen.
Einmal im Jahr aber, genau am Tag der Wintersonnenwende, verließ
der kleine Zauberer
seinen geliebten Wald. Er legte seinen Zauberhut, die spitzen Schuhe
und den blauen Zaubermantel ab, zog sich dafür Turnschuhe und Anorak
an und setzte sich eine Baseballkappe auf den Kopf.
Quer durch den Zauberwald ging sein Weg hinaus auf die Felder, dann
über die Brücke am silbernen See und von da aus schnurstracks
hinein in die große Stadt.
Sobald er das Stadttor im Norden passiert hatte umfing ihn der ewige
Lärm, den der kleine Zauberer
an der großen Stadt am wenigsten mochte: Große und kleine
Autos und Motorräder, Bagger, Betonmischer und Dampframmen, Werbebotschaften
und vielerlei Arten von Musik aus hunderten von Lautsprechern: Ein grob
gewobener Teppich aus Geräuschen, der außerdem all die Menschen
zwang, für eine Unterhaltung unnatürlich laut miteinander
zu sprechen.
Was er mochte waren die vielfältigen Gerüche, die ihm das
Wasser im Mund zusammenlaufen ließen: Vor der hell erleuchteten
Bäckerei mit den appetitlichen Auslagen im Schaufenster blieb er
gerne eine Weile stehen und genoss den kräftigen Duft von frisch
gebackenem Brot.
Immer wieder herrlich, dachte er, als er seinen Weg fortsetzte, von
der großen in eine kleine Gasse hinter der Kirche, noch ein Stück
geradeaus, dann war er am Ziel.
Über dem Laden hing ein breites Schild mit der Aufschrift „Zauberartikel“.
Beim Eintreten freute sich der kleine Zauberer jedesmal über das
leise pling-plang-plong des Glockenspiels, welches die Bewegung der
Türe anzeigte. Sofort kam aus dem Hinterzimmer der Verkäufer,
ein freundlich blickender Mann mittleren Alters, der es immer wieder
verstand, seinen Kunden die kleinen Tricks, die man mit seinen Utensilien
vollführen konnte, auch vorzuführen, mit Bällen und Bechern,
Karten, Seilen und vielem mehr.
Er wolle sich nur mal wieder etwas umsehen, sagte der kleine Zauberer
auf die Frage nach seinen Wünschen. Mit einem einladenden „Bitte
sehr!“ zog sich der Verkäufer hinter seinen Thresen zurück.
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Was er nicht bemerkte war, dass sein Gast sich unauffällig aber
zielsicher auf die ausgelegten Zauberstäbe zubewegte, diese wie
nebensächlich in die Hände nahm und dabei sicherstellte, dass
er jeden einzelnen mindestens einmal kurz berührte. Denn nur so
konnte er seine Zauberkraft auf die bis dahin unbeseelten Holzstäbe
übertragen.
Er schaute noch ein wenig im Laden umher, bedankte sich höflich
und trat wieder auf die Straße.
Mission erfüllt, dachte er bei sich, als seine Schritte schon wieder
stadtauswärts lenkten.
Der kleine Zauberer freute sich schon wieder auf die Stille seines Waldes,
und der Rückweg dahin war beflügelt von der Gewissheit, dass
auch an diesem Weihnachtsfest wieder einige kleine „Zauberer“
einen Zauberstab auf dem Gabentisch finden würden, dessen wahrhaftige
Kraft nur sie selbst insgeheim feststellen und ihr ganzes Leben lang
mit sich tragen würden.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann zaubern sie noch heute.
written by Martin Faubel © GVT
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